"Grundbegriffe materialistischer Dialektik"
Juni 1985
Der Anfang:
Der logisch geschulte Verstand hat gelernt, sich und
die Welt in ihren Unterscheidungen und Gegensätzen zu konstatieren:
festzustellen. Eine Tasse muß eine Tasse sein und bleiben, sonst
verdient sie diesen Namen nicht. Wenn ein Stück Kreide als weiß
bezeichnet wird, darf nicht zugleich das Gegenteil von ihm behauptet
werden. Entweder es ist weiß oder es ist nicht weiß, ein Drittes
daneben gibt es nicht. Und: alles hat seine Ursache. Eine Sache als
grundlos darzustellen heißt, ihr die Existenz abzusprechen.
So wird die eine umfassende Welt, die uns zugänglich ist, zerteilt:
nach Ursache und Wirkung, nach Möglichkeit und Wirklichkeit, Zufall
und Notwendigkeit, nach Form und Inhalt, Wesen und Erscheinung,
Subjekt und Objekt, Einzelnem und Allgemeinem, hell und dunkel, naß
und trocken, schwarz und weiß. Das Ergebnis ist eine in ihre
Bestandteile aufgelöste Welt, ein Haufen mehr oder weniger sortierter
Puzzleteile. Unter diesem Haufen verschwindet sie entweder, oder sie
ignoriert ihn und geht weiter ihren Gang. Letzteres ist
wahrscheinlicher.
Daß die Welt in Bewegung ist, ist aus diesem Verständnis, sofern es
bei dieser Rationalität bleibt, schwer abzuleiten. (So auch die
Antwort auf die Frage, auf welche Weise eine Ursache wirkt.) Sie
skelettiert sich auf eine Summe statischer Einzelheiten, die
nebeneinander stehen, oder: sie ist reduziert auf ein Schachbrett
mit Matt-Situation: nichts geht mehr. [ ... ]